Feindbilder by Tom Clancy

Feindbilder by Tom Clancy

Autor:Tom Clancy [Clancy, Tom]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783453169357
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2013-11-30T05:00:00+00:00


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Baku/Aserbaidschan – Dienstag, 6 Uhr 15

Als der 47-jährige Ron Friday zum ersten Mal nach Baku gekommen war, hatte er geglaubt, man hätte ihn geradewegs ins Mittelalter katapultiert. Dieser Gedanke hatte nichts mit der Architektur zu tun.

Die Botschaften lagen alle in einem sehr modernen Viertel der Stadt, dessen Gebäude auch in Washington D.C., London, Tokio oder jeder anderen modernen Metropole hätten stehen können. Aber Baku war nicht mit den Städten zu vergleichen, in denen er so viel Zeit verbracht hatte.

Wenn man erst einmal aus dem Botschafts- und Geschäftsviertel von Baku heraus war, konnte man die historischen Wurzeln der Stadt an jeder Ecke sehen. Viele Gebäude hatten bereits gestanden, als Kolumbus Amerika entdeckte.

Doch nicht die Architektur ließ Baku so alt, so feudal aussehen. Es lag an dem ausgeprägten Fatalismus seiner Bewohner. Aserbaidschan war lange Zeit von außen regiert worden. Jetzt, da die Menschen frei und unabhängig waren, schienen sie unmotiviert und ziellos zu sein. Wenn nicht unzählige Petrodollar in das Land fließen würden, wäre es wahrscheinlich schon längst auf den Stand der Dritten Welt gerutscht.

Das war jedenfalls der Eindruck, den Friday gewonnen hatte. Zum Glück würde Aserbaidschan nicht mehr ganz so unabhängig sein, wenn der ehemalige Army Ranger und seine Leute ihren Einsatz hier beendet hatten.

Friday betrat das sechsstöckige Haus, in dem seine Wohnung war. Das zehn Jahre alte Gebäude aus roten Ziegelsteinen lag nur ein paar Blocks von der Botschaft entfernt. Er ging über die Marmortreppe nach oben. Friday wohnte im obersten Stockwerk, aber er hasste Fahrstühle.

Selbst wenn er in Begleitung anderer Botschaftsangehöriger war, die hier wohnten, nahm er immer die Treppe.

Fahrstühle waren zu eng und machten ihn dadurch verwundbar.

Er ging zu seiner Wohnung. Er konnte nicht glauben, dass er jetzt schon seit fast sechs Monaten hier war. Es kam ihm erheblich länger vor, und er war froh, dass sich seine Dienstzeit dem Ende näherte. Nicht, weil die stellvertretende Botschafterin Williamson ihn nicht mehr brauchte.

Im Gegenteil, Friday hatte sich als sehr nützlich für die Diplomatin erwiesen, insbesondere bei ihren Bemühungen, die Ansprüche Aserbaidschans auf die Ölvorkommen im Kaspischen Meer zu mäßigen. Friday hatte jahrelang als Anwalt für eine große, internationale Ölgesellschaft gearbeitet und kannte sich in dieser Materie sehr gut aus.

Aber Fridays wirklicher Chef brauchte ihn bald an einem anderen Krisenherd. Er würde dafür sorgen, dass Friday versetzt wurde.

Nach Indien oder Pakistan vielleicht. Friday brannte darauf, dorthin zu gehen. Auch dort gab es Streitigkeiten um Ölvorkommen, im Arabischen Meer und an der Grenze zwischen der Wüste von Radschastan in Indien und der Wüste Thar in Pakistan. Ausschlaggebend war jedoch, dass der indische Subkontinent der Ort war, an dem der nächste große Krieg beginnen würde, möglicherweise ausgelöst durch einen nuklearen Schlagabtausch. Friday wollte vor Ort sein, um mitzuhelfen, die Politik der Länder in dieser Region zu manipulieren. Davon hatte er schon auf dem College geträumt. Seit dem Tag, an dem er zum ersten Mal für die National Security Agency gearbeitet hatte.

Er steckte den Schlüssel ins Schloss und lauschte, bis er die Katze miauen hörte. Ihr Miauen war eine ganz normale Begrüßung, daher konnte er fast sicher sein, dass in der Wohnung kein ungebetener Gast auf ihn wartete.



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